Junger Mann macht einen Alkoholentzug und lehnt eine Flasche Bier mit einer Stopp-Handbewegung ab.
Eine Alkoholtherapie läuft meist in vier Schritten ab. Wichtig ist, sich dabei professionelle Unterstützung zu suchen.

Was ist ein qualifizierter Alkoholentzug?

Seit 1968 gilt die Alkoholsucht als Krankheit, ist im Gegensatz zu zahlreichen anderen Erkrankungen für viele Menschen allerdings nicht richtig greifbar. Schließlich ist der Genuss von Alkohol weit verbreitet und gewissermaßen gesetzlich legitimiert. Für die Betroffenen selbst ist die Abhängigkeit mit einem hohen Leidensdruck, gesundheitlichen Risiken und oft mit einem sozialen Abstieg verbunden. Falls auch du an einer Alkoholsucht leidest und Unterstützung suchst, kann dir ein qualifizierter Alkoholentzug ein suchtfreies Leben ermöglichen.

Ein qualifizierter Alkoholentzug wird unter ärztlicher Überwachung gemäß den AWMF-Leitlinien der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften zum Screening, zur Diagnostik und zur Behandlung alkoholbezogener Störungen durchgeführt. Diese basieren auf aktuellen Erkenntnissen der Suchmedizin und praktisch bewährten Verfahren und dienen dem behandelnden Arzt als Unterstützung zur Entscheidungsfindung.

Der Entzug selbst besteht aus einer Entgiftung und einer Entwöhnung, während der sich die Patienten aktiv mit den Suchtursachen auseinandersetzen.

Was ist der Unterschied zwischen einem kalten und einem warmen Entzug?

Die Begriffe „kalter“ und „warmer“ Entzug beziehen sich auf die körperliche Entgiftung. Wenn du „kalt“ entziehst, stürzt du deinen Körper buchstäblich ins kalte Wasser, hörst abrupt mit dem Alkoholkonsum auf und nimmst keine Medikamente zur Linderung der Entzugssymptome ein. Der Entzug findet in Eigenregie ohne ärztliche Überwachung statt. Bei rund 15 Prozent aller kalten Entzüge tritt ein Delirium tremens (Alkoholentzugssyndrom) auf, das unbehandelt zum Tod führen kann.

Bei einem „warmen“ Entzug wird die Entgiftung medikamentös unterstützt, das heißt der Entzug wird in der Regel stationär durchgeführt und erfolgt unter ständiger Überwachung der Vitalparameter. Zum Einsatz kommen unter anderem krampfreduzierende Mittel, Betablocker zur Normalisierung des Herzschlags, Antidepressiva und Schlaf fördernde Medikamente.

Weshalb sollte ein Alkoholentzug auf keinen Fall allein versucht werden?

Viele Alkoholkranke scheuen sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Von den gesundheitlichen Risiken einmal abgesehen, ist ein Entzug durch den Suchtdruck und den Kontrollverlust ohne ärztliche Unterstützung schwierig und es kommt häufig zum Rückfall. Auch die langfristige Abstinenzprognose ist durch die fehlende Entwöhnung eher ungünstig.

Am besten informierst du dich in einer Suchtberatungsstelle über deine Möglichkeiten und suchst dir professionelle Hilfe. Alternativ kannst du dich direkt an spezialisierte Entzugskliniken wenden.

Wie ist der Ablauf eines qualifizierten Alkoholentzugs?

Der Weg aus der Sucht verläuft in vier unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Phasen, die für eine langfristige Abstinenz alle durchlaufen werden müssen.

Motivationsphase

Die Motivationsphase ist dem Entzug vorgelagert und bezeichnet einen Zeitraum, in dem sich Suchtkranke intensiv mit der Sucht auseinandersetzen und den Entschluss fassen, mit dem Trinken aufzuhören.

Entgiftung

Der eigentliche Entzug beginnt mit einer Entgiftung, die den Körper vom Alkohol und seinen Abbauprodukten befreit. Während dieser Zeit kann ein Entzugssyndrom auftreten, das medikamentös gelindert werden kann (warmer Entzug).

Entwöhnung

In der Entwöhnung stehen die Behandlung der psychischen Abhängigkeit und das Erlernen neuer Verhaltensstrategien im Fokus. Mögliche Themen sind:

Auf diese Weise erhalten Suchtkranke einen multiperspektivischen Überblick über ihre Suchtauslöser und können die Abhängigkeit in ihre Lebensgeschichte einordnen.

Ambulante Nachsorge

Zur Stabilisierung der Abstinenz sollte sich dem Entzug eine ambulante Nachsorge anschließen. Diese besteht in der Regel aus dem Besuch eines (Nachsorge-)Therapeuten und der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe. Sobald das Verlangen nach Alkohol (Craving) in den Hintergrund rückt und der Abhängige hinreichend stabilisiert ist, kann die Psychotherapie langsam „ausgeschlichen“ werden.

Wie lange dauert ein professioneller Alkoholentzug?

Die Dauer eines Alkoholentzugs hängt von der persönlichen Suchtbiografie und den durchführenden Einrichtungen ab. Bestehen Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen oder ein Mischkonsum mit anderen Substanzen, ist meist von einer längeren Entzugsdauer auszugehen als bei einem reinen Alkoholentzug. Ebenso macht es einen Unterschied, ob die Entzugsbehandlung in öffentlichen Kliniken oder in privaten Suchtkliniken stattfindet.

Kliniken öffentlicher Kostenträger

Die Behandlung einer Alkoholsucht kann über öffentliche Kostenträger abgewickelt werden. Durch die Zweiteilung in Akutbehandlung und Suchtrehabilitation verläuft der Entzug allerdings in unterschiedlichen Einrichtungen. Die Entgiftung findet in allgemeinen Krankenhäusern oder Psychiatrien statt und zählt zu den Leistungen der Krankenversicherung. Die Suchtrehabilitation/Entwöhnung hingegen ist bei Erwerbstätigen Sache der Rentenversicherung und muss zunächst beantragt werden. Die Wartezeit beträgt meist mehrere Wochen und ist durch die noch nicht erfolgte Behandlung der psychischen Abhängigkeit mit einem hohen Rückfallrisiko verbunden. Insgesamt ist von einer Behandlungsdauer von mehreren Wochen bis Monaten auszugehen.

Private Entzugskliniken

Kürzer verläuft ein qualifizierter Alkoholentzug in privaten Suchtkliniken, da hier die Entgiftung und Entwöhnung gemeinsam bzw. aufeinander folgend durchgeführt werden. Die Wartezeit entfällt und die Betroffenen können deutlich fokussierter an ihrem Suchtproblem arbeiten. Die Dauer des stationären Aufenthalts liegt bei den meisten Patienten bei 4 bis 6 Wochen.

Welche Symptome sind mit einem Alkoholentzug verbunden?

Die Alkoholentgiftung kann mit körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen verbunden sein und verläuft individuell. Zu den möglichen Symptomen zählen:

Wie geht es nach dem Entzug weiter?

Eine Sucht kann durch das Suchtgedächtnis nie vollständig geheilt werden, so dass das Verlangen nach Alkohol nach dem Entzug immer mal wieder aufflackern kann. Schließlich hat das Gehirn den Konsum von Alkohol mit einer „Belohnung“ und positiven Gefühlen verknüpft, die viel stärker wahrgenommen werden als Emotionen, die durch natürliche Reize geweckt werden. Die Abhängigkeit kann also nur durch eine dauerhafte Abstinenz beherrscht werden.

Kommt es trotz ambulanter Nachsorge zu einem Rückfall, sollte die Abstinenz schnellstmöglich wiederhergestellt werden. Viele Privatkliniken bieten hierzu ein- bis zweiwöchige Auffrischungstherapien an; bei schweren Rezidiven (Rückfällen) kann ein erneuter Entzug erforderlich sein. Bei medizinischer Notwendigkeit ist dieser ebenfalls über die gesetzlichen Kostenträger möglich.

Fazit: Ein qualifizierter Alkoholentzug behandelt nicht nur die Sucht, sondern verhilft dir ebenfalls zu innerer Stärke und einem ganz neuen Selbstbewusstsein. Schließlich lernst du Aspekte von dir selbst kennen, die sich dir ohne Entzug nie erschlossen hätten. Trau dich und mach dich auf den Weg in ein suchtfreies Leben!

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